
MAA spricht mit Achim Pfeifer
Zeitzeugen: Autogramme und Autografen
Achim Pfeifer hat ein außergewöhnliches Hobby. Neben seinem Beruf als Polizeihauptkommissar und seinem Ehrenamt als Vorsitzender der TSG Hofherrnweiler- Unterrombach sammelt er handschriftliches. Unglaubliche 30.000 Autogramme und Autografen beinhaltet seine gut sortierte Sammlung bereits. Aber Achim geht es nicht nur um die Dokumente, ihn fasziniert der historische Hintergrund und der Kontext der Handschriften. Achim kann einiges darüber erzählen…
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Bild: Achim Pfeifer, privat
Achim, ich möchte mich heute gern mit dir über Handschriften unterhalten. Wie werden sie unterschieden?
Die Oberkategorie sind „Autogramme und Autografen“. Ein Autograf ist ein handgeschriebenes Dokument, während ein Autogramm die Unterschrift selbst ist. Man kann also ein Autograf besitzen, ohne dass es ein Autogramm ist – nämlich dann, wenn die Unterschrift fehlt.
Das heißt, es gibt Autografen mit Autogramm und Autografen ohne Autogramm?
Beides ist möglich. Eine Unterschrift ist sowohl ein Autogramm als auch ein Autograf, aber wenn ich beispielsweise schreibe: „Sehr geehrter Herr Rössel“, dann ist das ein Autograf – aber kein Autogramm, weil die Unterschrift fehlt. Letztlich geht es um Handschriften, und das ist mein großes Thema.
Und du sammelst beides?
Ich bin ein leidenschaftlicher Handschriftenfan, das fasziniert mich. Für mich ist das immer ein Blick in die Geschichte.
In die Geschichte der Menschen oder in die Geschichte des Kontexts?
Beides. Ich glaube, man kann sehr viel aus Handschriften lernen. Ich beschäftige mich oft mit den Autobiografien der Personen, von denen ich Handschriften besitze.Ein Beispiel: Ich habe eine Autogrammkarte von Thomas Mann, datiert auf den 31.12.1932. Darauf schreibt er sinngemäß: „Na, so schlimm sind die Zeiten doch gar nicht.“ Und nur ein halbes Jahr später musste er in die USA fliehen. Das sind unglaublich spannende historische Dokumente – und sie haben oft auch einen aktuellen Bezug.
Das heißt, du siehst Handschriften als Möglichkeit, Geschichte zu verstehen?
Ja, Geschichte wiederholt sich, und man kann viel daraus lernen. Deshalb lohnt es sich, sich intensiv damit zu beschäftigen. Handschriften sind für mich der Aufhänger, und diese Faszination treibt mich an.
Schaust du dir auch die Schrift an, oder interessiert dich nur der Inhalt?
Ich bin kein Grafologe oder Schriftpsychologe. Mich interessiert die Handschrift als solche. Die Botschaft dahinter, die Psychologie – das ist nicht mein Fokus.
Die Schrift zu interpretieren würde ja vermutlich auch den Rahmen sprengen.
Ja, definitiv (lacht). Ich habe etwa 30.000 Handschriften in meiner Sammlung. Da könnte ich mich nicht auch noch intensiv mit der Psychologie der Schreiber auseinandersetzen. Wenn man sich intensiv mit jemandem beschäftigt, erkennt man gewisse Muster. Dazu man braucht man nicht unbedingt eine grafologische Analyse.
Ein Beispiel: Ich besitze Handschriften von Wilhelm Busch. Wer seine Werke kennt, weiß, dass er tiefgreifende Persönlichkeitsstörungen hatte. Man muss seine Handschrift nicht analysieren, um zu erkennen, dass „Max und Moritz“, ein Kinderbuch, eigentlich eine düstere Geschichte ist, die mit ihrem blutigen Ende eher ungewöhnlich für das Genre ist.
Hat Busch seine Geschichten auch selbst illustriert oder nur geschrieben?
Er hat auch gezeichnet. Ich weiß allerdings nicht, ob wirklich alle Zeichnungen, die man aus seinen Werken kennt, ausschließlich von ihm stammen. Aber er war definitiv künstlerisch aktiv.
Was fasziniert dich mehr: Autogramme oder Autografen?
Definitiv Autografen. Ein handgeschriebener Brief bietet oft viel mehr Inhalt als nur eine Unterschrift. Besonders faszinierend finde ich Briefe aus vergangenen Jahrhunderten. Ich habe in meiner Sammlung beispielsweise Briefe von Friedrich II., dem „Alten Fritz“, Alexander von Humboldt oder auch Dokumente aus der NS-Zeit.
Ein sehr eindrückliches Beispiel: Ich besitze die Handschrift eines Lageraufsehers aus Auschwitz. In einem Brief schreibt er: „Die schönste Blume blüht im deutschen Gemüt.“ Das sind Momente, in denen man eine Gänsehaut bekommt – solche Dokumente machen einen sehr nachdenklich.
Also bevorzugst du ausführliche Texte gegenüber einer reinen Unterschrift?
Ich finde es spannender, wenn ich einen historischen Kontext erkennen kann. Ein einzelnes Autogramm hat natürlich auch seinen Wert, aber ein längerer Brief erzählt eine Geschichte.
Wenn du eine Handschrift liest, siehst du dir dann auch gleich die Zeit an, aus der sie stammt?
Ganz genau. Wenn ich zum Beispiel ein Dokument aus den Jahren 1932 oder 1943 lese, ordne ich es sofort in den historischen Kontext ein. Das erweitert das eigene Wissen enorm.
Das heißt, während andere sich ein Buch über eine Epoche kaufen, liest du direkt Originalquellen?
Ja.
Gibt es eine spezielle Thematik, die dich besonders interessiert, oder sammelst du breit gefächert?
Ich bin ziemlich breit aufgestellt. Ich sammle zum Beispiel auch Fußballgeschichte – und zwar sehr systematisch. Meine Sammlung umfasst alle Weltmeister seit Uruguay 1930. Ich habe nicht nur Autogramme der Spieler, sondern auch von Schiedsrichtern.
Meine Sammlung umfasst alle Weltmeister seit Uruguay 1930. Ich habe nicht nur Autogramme der Spieler, sondern auch von Schiedsrichtern.
Sogar vom Schiedsrichter des allerersten WM-Finales besitze ich eine Handschrift. Auch das erste deutsche Länderspiel von 1908 gegen die Schweiz ist in meiner Sammlung vertreten – ich habe fünf Unterschriften von Spielern dieses historischen Spiels. Mehr war leider nicht auffindbar, aber das macht mich schon ein bisschen stolz. Daneben habe ich die Weimarer Republik fast vollständig dokumentiert, ebenso die Kaiserzeit mit allen deutschen Kaisern. Ich habe die Weimarer Republik relativ komplett. Ebenso die Kaiserzeit – alle Kaiser. Auch Nazi-Deutschland habe ich relativ vollständig dokumentiert.
Also besitzt du Autogramme oder Autografen dieser Persönlichkeiten?
Ja, von jeder dieser Persönlichkeiten, wenn man sie so nennen will, habe ich ein Autograf – also ein schriftliches Zeugnis. Es gibt Autogrammkarten, aber nicht aus allen Epochen.
Das heißt, Autogrammkarten gibt es nicht bis zurück in die Weimarer Republik?
Nein, damals war das nicht so verbreitet. Aber man kennt sicherlich noch den Hauptmann von Köpenick – Wilhelm Voigt. Er wurde durch seine Geschichte als Hochstapler berühmt und nutzte diese Popularität, um tatsächlich Autogramme zu verteilen. Es gibt Originalautogramme von ihm aus den 1920er-Jahren.
Ab wann gibt es denn überhaupt so etwas wie eine Autogrammkarte?
Das begann langsam mit der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert. Aber damals wurden Autogramme noch nicht im heutigen Sinne gesammelt.
Das heißt, diese Postkarten waren nicht signiert?
Doch, es gibt signierte Exemplare.
Auch in deiner Sammlung?
Ja, ich habe zum Beispiel Unterschriften von Wilhelm I. und Wilhelm II. Auch den „100-Tage-Kaiser“ habe ich.
Wie hieß er nochmal?
Friedrich III., der 1888 nur für etwa 100 Tage regierte.
Und diese Autogramme stammen tatsächlich von den Kaisern und Kanzlern selbst?
Nicht alle. Es gibt auch sogenannte Brustkarten mit Abbildungen, die damals schon verbreitet waren. Aber echte Unterschriften dieser Persönlichkeiten besitze ich auch.
Spannend! Was ist deine Motivation hinter der Sammlung? Ist es ein rein persönliches Hobby, oder möchtest du sie auch ausstellen?
Ich freue mich wahnsinnig, wenn sich jemand für meine Sammlung interessiert und ich sie zeigen kann. Das macht mir große Freude. Aber grundsätzlich bin ich eher ein Sammler, der das für sich macht – ein kleiner Nerd, wenn man so will. Es ist für mich ein Ausgleich und eine Form der Entspannung vom Alltag.
Bei einer Sammlung dieser Größe – wie viel Zeit investierst du in dein Hobby?
Ich bin keiner, der sich abends einfach vor den Fernseher setzt. Diese Zeit nutze ich lieber für mein Hobby, sofern ich nicht mit Vereinstätigkeiten beschäftigt bin. Ich würde sagen, im Schnitt investiere ich etwa 20 Stunden pro Woche.
Und wie kommt man an solche Stücke? Gibt es Tauschbörsen oder kauft man sie?
Es gibt tatsächlich einen Markt dafür. Es gibt Auktionshäuser in verschiedenen Städten, die regelmäßig Kataloge herausgeben. Dort bin ich als Bieter aktiv. Nur so kommt man an seltene Stücke wie ein signiertes Deckblatt von Gustave Eiffel zur Weltausstellung oder eine Unterschrift von Thomas Alva Edison.
Ist es riskant, solche Dinge auf Plattformen wie eBay zu kaufen?
Ja, absolut! Der Markt für Fälschungen ist groß. Ohne Sachverstand und Expertise sollte man sich nicht darauf einlassen.
Der Markt für Fälschungen ist groß. Ohne Sachverstand und Expertise sollte man sich nicht darauf einlassen.
Wer sicher gehen will, sollte vielleicht erst einmal mit Autogrammen von Fußballern anfangen – dort ist die Wahrscheinlichkeit, ein echtes Stück zu bekommen, höher.
Wie ist das mit lebenden Personen? Kann man sie einfach anschreiben und um eine Unterschrift bitten?
Jein. In manchen Fällen ja, aber viele Politiker arbeiten zum Beispiel mit sogenannten Autopen-Geräten. Dabei läuft Tinte in einen maschinell geführten Stift, der eine täuschend echte Unterschrift erzeugt. Man kann es aber erkennen: Ältere Geräte zittern mehr, und manchmal setzt sich der Stift unnatürlich ab, sodass ein Punkt am Ende der Signatur erscheint.
Kann man das mit einer Lupe erkennen?
Ja, ich erkenne das.
Wenn wir über Auktionen und Sammlungen sprechen: Wie viel Geld investiert man in solche Wertgegenstände?
Das ist schwer zu sagen, da die Werte stark schwanken, besonders im Bereich historischer Handschriften.
Was ist das wertvollste Stück in deiner Sammlung?
Das ist schwierig, da sich die Marktwerte regelmäßig ändern. Besonders bei Autogrammen gibt es immer wieder Schwankungen – vor allem bei hochpreisigen Stücken. Ein großes Problem haben wir beispielsweise bei Unterschriften von Marilyn Monroe, da viele von ihrer Sekretärin geschrieben wurden. Die Echtheit zu bestätigen, ist oft kompliziert und führt zu Diskussionen unter Experten. Der Marktwert in den USA ist deutlich höher als hierzulande. Aber zu meinen wertvollsten Stücken zählen sicherlich Autogramme von Marilyn Monroe und James Dean – von Letzterem kenne ich niemanden sonst, der eines besitzt.
Aber zu meinen wertvollsten Stücken zählen sicherlich Autogramme von Marilyn Monroe und James Dean – von Letzterem kenne ich niemanden sonst, der eines besitzt.
John Lennon gehört ebenfalls dazu. Außerdem habe ich einen Brief von Napoleon und ein Autogramm von Che Guevara. Solche Stücke sind definitiv keine alltäglichen Sammlerstücke.
Ich staune, dass relativ moderne Künstler oft wertvoller sind als alte Kaiser oder Könige.
Das ist tatsächlich richtig. Historische Schriften gibt es in größerer Zahl, gerade aus dem 19. oder frühen 20. Jahrhundert. Ein früh verstorbener Musiker wie John Lennon oder Freddie Mercury hat hingegen weniger signiert. Das macht ihre Autogramme nicht nur seltener, sondern auch für Sammler besonders attraktiv.
Du hast bereits Fälschungen erwähnt. Gerade bei Autogrammkarten scheint das ein Problem zu sein. Wie erkennt man eine Fälschung?
Es gibt verschiedene Methoden. Man kann beispielsweise mit einer Lupe prüfen, ob es sich um echte Tinte handelt. Aber man muss auch wissen, dass es sogenannte Sekretärsunterschriften gibt. Diese wurden von Assistenten oder Angehörigen im Namen einer bekannten Persönlichkeit geleistet. Ein Beispiel ist Romy Schneider: Ihre Mutter, Magda Schneider, hat viele Autogramme für sie unterschrieben – nicht etwa in ihrem Auftrag, sondern unter ihrem Namen. Solche Dinge kommen häufiger vor, als man denkt.
Niemand ist also völlig davor gefeit, auf eine Fälschung hereinzufallen?
Genau. Ein bekanntes Beispiel sind die gefälschten Hitler-Tagebücher von Konrad Kujau. Als er verstarb, titelte die Presse ironisch: „Echt war letztendlich nur sein Ende.“ Daher muss man bei der Echtheitsprüfung sehr genau hinschauen. Es reicht nicht, dass eine Unterschrift aus der richtigen Zeit und mit der richtigen Tinte geschrieben wurde – sie muss auch tatsächlich von der betreffenden Person stammen.
Gibt es dennoch Merkmale, an denen man eine echte Handschrift erkennen kann?
Jede Handschrift hat charakteristische Eigenheiten, die sich nur schwer nachmachen lassen. Eine gefälschte Unterschrift mag auf den ersten Blick gut aussehen, aber ihr Schwung und ihre Struktur weichen oft vom Original ab. Ich erhebe nicht den Anspruch, immer zu 100 Prozent richtig zu liegen. Deshalb lasse ich besonders wertvolle Stücke oft von befreundeten Händlern oder Auktionshäusern begutachten.
Das klingt nach einer eingeschworenen Sammlergemeinschaft. Gibt es feste Netzwerke unter Experten?
Ich bin Mitglied in der Deutschen Handschriftenvereinigung mit Sitz in Münster. Dort bin ich für Archiv- und Vereinsgeschichtsfragen zuständig und verwalte auch das Vereinsarchiv bei mir zu Hause. Jährlich gibt es Treffen in verschiedenen Städten – 2024 beispielsweise in Duisburg. Dort tauschen wir uns über Neuentdeckungen, Expertisen und den Markt aus. Es ist ein Treffpunkt für Sammler und Fachleute, um Wissen zu teilen und Fälschungen zu entlarven.
Moderne Prominente, etwa Influencer, haben vermutlich gar keine klassischen Autogrammkarten mehr. Verschwindet die Handschrift allmählich?
Es scheint ein Trend zu sein, dass immer weniger Menschen handschriftlich schreiben. Aber ich hoffe, dass das die bestehende Handschrift umso wertvoller macht. Viele Menschen sehnen sich nach der „guten alten Zeit“, in der persönliche Briefe noch eine große Rolle spielten.
Viele Menschen sehnen sich nach der „guten alten Zeit“, in der persönliche Briefe noch eine große Rolle spielten.
Ich hoffe, dass dieser nostalgische Wert erhalten bleibt – zumindest im romantischen Bereich.
Glaubst du, dass in Zukunft immer weniger Menschen handschriftlich schreiben können?
Ich befürchte, dass das passieren könnte. Schon jetzt lernen Kinder in der Schule vermehrt das Tippen auf einer Tastatur, sodass sie womöglich irgendwann gar nicht mehr flüssig mit der Hand schreiben können.
Aber die Unterschrift hat doch nach wie vor eine rechtliche Bedeutung, oder?
Derzeit hat eine handschriftliche Unterschrift noch rechtlichen Bestand. Ich hoffe, dass dieser Status erhalten bleibt und sie nicht völlig durch digitale Alternativen ersetzt wird.
Die Unterschrift ist also nach wie vor eines der wichtigsten Identifikationsmerkmale?
Genau. Sie ist sozusagen die persönlichste Signatur, die man hinterlassen kann. Ich finde es höchst spannend und hoffe, dass sich das auch in Zukunft nicht verändert und ich hoffe, dass sich das nicht verändert. Die Unterschrift ist neben dem Fingerabdruck eines der wenigen Dinge, die eigentlich unveränderbar sind.
Glaubst du, dass sich mit moderner Technologie, wie Blockchain, sichere digitale Unterschriften entwickeln lassen?
Heutzutage kann man mit Blockchain und anderen Technologien tatsächlich sichere digitale Signaturen erstellen. Aber ehrlich gesagt, finde ich das irgendwie völlig unromantisch.
Gibt es eine besondere Geschichte hinter einem Autogramm oder einem historischen Dokument, das du recherchiert hast und das dich besonders beeindruckt hat?
Das ist eine wirklich schwierige Frage, da müsste ich tatsächlich länger drüber nachdenken. Ich sammle Autogramme, seit ich sechs Jahre alt bin, und in dieser Zeit sind viele spannende Geschichten zusammengekommen. Mein erstes Autogramm habe ich damals von Sepp Maier bekommen. Das war mein erster Brief überhaupt – ich habe ihn mit meiner kindlichen Handschrift verfasst und ihm meine Autogrammkarte beigelegt.
Also war Sepp Maiers Autogramm das erste in deiner Sammlung?
Das war der Anfang. Ich erinnere mich auch daran, dass man früher, als Marlene Dietrich noch lebte, ihr schreiben konnte. Heute sind ihre Autogramme sehr teuer auf dem Markt, aber damals hat sie wirklich zuverlässig geantwortet und alles selbst unterschrieben.
Ich wusste, dass sie in Paris in der Rue Avignon lebte, also habe ich ihr dorthin geschrieben. Einmal habe ich aus einer Filmzeitschrift „Cinema“ einen kleinen Filmausschnitt ausgeschnitten und dachte, sie unterschreibt ihn einfach. Aber stattdessen schrieb sie auf die Rückseite: „Dies ist ein Plakat.“
Also wollte sie damit sagen, dass sie das nicht als Autogrammkarte betrachtet?
Ihre Intention war wohl: „Das kann ich nicht unterschreiben“ oder „Ich unterschreibe das nicht, weil es keine Autogrammkarte ist.“
Hast du noch eine andere besondere Geschichte?
Ja, mir fällt eine Anekdote mit einer Turnerin ein. Ihr Name will mir gerade nicht einfallen, aber ich hatte ihr vor etwa 25 Jahren geschrieben. Kürzlich habe ich den Brief wieder in die Hand genommen. Sie hatte mir damals meinen eigenen Brief zurückgeschickt und darauf geschrieben: „Für Autogrammkarten gebe ich kein Geld aus. Und übrigens, was haben Sie denn für eine komische Unterschrift?“ Sie hatte sogar einen Pfeil auf meine Unterschrift gezeichnet, die ich am Ende des Briefes gesetzt hatte.
Das sind doch eigentlich die besten Geschichten – fast besser als das Autogramm selbst, oder?
Manchmal sind solche persönlichen Reaktionen wertvoller als das Autogramm selbst.
Sammelst du auch offizielle Dokumente oder historische Schriftstücke?
Ich habe zum Beispiel eine Ernennungsurkunde eines Bundesministers. Auch von Napoleon besitze ich eine Urkunde. Besonders spannend ist ein mehrseitiger Brief von Fidel Castro, in dem es um gesetzliche Inhalte geht. Dann gibt es noch Briefe aus der Weimarer Republik, darunter einer, in dem Heinrich Himmler schreibt, dass er einen Besuch Hitlers polizeilich überwachen wird. Außerdem habe ich offizielle Briefköpfe und Schriftstücke aus verschiedenen politischen Epochen, darunter auch handgeschriebene Briefe von Konrad Adenauer aus seiner Zeit als stellvertretender Bürgermeister von Köln im Jahr 1919.
Das sind ja echte Zeitzeugnisse! Auch wenn nicht alle Dokumente aus einer positiven Vergangenheit stammen, sie gehören zur Geschichte.
Genau. Man kann Geschichte nicht ausradieren. Es sind Fakten, sie sind passiert, und man muss sich ihnen stellen. Das ist auch eine oft diskutierte Frage: Darf man überhaupt Dokumente aus dem Dritten Reich sammeln? Aber Geschichte ist nicht nur positiv. Es gibt auch Sammler, die sich mit der RAF befassen, was auch ein schwieriges Thema ist. Ich selbst habe zum Beispiel ein Autogramm von „Dagobert“, dem berüchtigten Kaufhaus-Erpresser. Diese Menschen sind Teil der Zeitgeschichte, und so muss man das auch sehen – egal ob positiv oder negativ.
Genau, denn ohne solche Dokumente und Autogramme wüsste man gar nicht, was wirklich passiert ist.
Geschichte lässt sich nicht verändern, nur verstehen und lernen.
Gibt es ein Autogramm oder ein Dokument, das du dir noch unbedingt für deine Sammlung wünschst?
Ich hätte unglaublich gerne eine Unterschrift von Albert Einstein, John F. Kennedy, Walt Disney und George Harrison. Diese vier stehen ganz oben auf meiner Wunschliste.
Und Goethe?
Johann Wolfgang von Goethe stand auch lange auf meiner Liste. Mittlerweile habe ich ein Albumblatt mit seiner Unterschrift.
Was hat das gekostet?
Ein Albumblatt von Goethe liegt heute bei etwa 2.500 bis 3.000 Euro. Er hat zwar sehr viel geschrieben, aber seine Autogramme sind unglaublich begehrt.Allerdings besitze ich auch ein Dokument von Johann Gottfried Herder aus der Weimarer Klassik – einen Brief.
Vielen Dank, dass du uns in dein faszinierendes Hobby Einblick gewährt hast.
Sehr gerne! Das Gespräch hat mir wirklich Spaß gemacht.