
MAA spricht mit Daniel Bernhardt
13 Jahre Herzblut – wie Daniel Bernhardt zum Gesicht des VfR Aalen wurde
360 Spiele, acht Trainer, ein Verein – Daniel Bernhardt hat beim VfR Aalen nicht nur das Tor gehütet und lange Zeit die Binde des Kapitäns getragen, er hat die eine Ära mitgeprägt – von der Regionalliga zur 2.Bundesliga und zurück. Im Interview spricht er über emotionale Kabinenansprachen, bittere Niederlagen, echte Fanbindung – und warum er auch nach dem Karriereende mit Stolz auf seine Zeit beim VfR zurückblickt.
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Bilder: Daniel Bernhardt, privat
360 Spiele hast du für den VfR Aalen gemacht – und das über 13 Jahre hinweg. Das ist beeindruckend!
Ja, das ist eigentlich Wahnsinn.
Wie viele Trainer hast du in dieser Zeit eigentlich erlebt?
Mein erster Trainer beim VfR war Rainer Scharinger, dann kam Ralf Hasenhüttl, danach Stefan Ruthenbeck, gefolgt von Peter Vollmann, dann Argi Giannikis, Rico Schmidt und nach ihm kam Roland Seitz. Danach folgte Uwe Wolf. Also insgesamt: acht Trainer.
Und welcher dieser Trainer hat dich am meisten beeindruckt?
Ich glaube, jeder auf seine Art und Weise. Aber natürlich: der Aufstiegstrainer Ralf Hasenhüttl bleibt am meisten im Kopf. Er hat uns damals übernommen, als wir in der 3. Liga relativ nah am Abstiegsplatz standen. Dann haben wir die Klasse gehalten, und im Jahr darauf sind wir in die 2. Liga aufgestiegen – das war schon ein absolutes Highlight! Der Hasi war einfach ein besonderer Typ. Wenn er vor dir stand und etwas gesagt hat – du hast ihm jedes Wort geglaubt.
Der Hasi war einfach ein besonderer Typ. Wenn er vor dir stand und etwas gesagt hat – du hast ihm jedes Wort geglaubt.
Natürlich hatten wir auch mit Rainer Scharinger zu Beginn viel Erfolg, leider hat es dann nicht mehr so funktioniert, und er musste gehen. Aber jeder Trainer hatte irgendwie seine Eigenheiten, da gäbe es viele Geschichten zu erzählen. Aber am prägendsten war Hasenhüttl, auch weil seine Karriere danach so steil bergauf ging: Ingolstadt, Leipzig, später sogar England, heute Wolfsburg – das war ein Trainer, mit dem ich in Aalen zweieinhalb tolle Jahre erlebt habe. Ein cooler Typ!
Hast du heute noch Kontakt zu ihm?
Nein. Sowas verläuft sich einfach irgendwann, gerade wenn man selbst noch aktiv spielt und es keinen direkten Austausch mehr gibt. Mit Roland Seitz habe ich noch Kontakt, aber als er mein Trainer war, da war ich auch schon älter, das ist nochmal eine andere Basis. Da ist man mit 33 oder 34 Jahren einfach auf einer anderen Ebene unterwegs. Wenn ich Rainer Scharinger mal in der Stadt oder beim VfR treffe, dann redet man natürlich miteinander – aber ein privater, enger Kontakt besteht nicht.
Scharinger hat dich damals nach Aalen geholt, oder?
Genau, er hat mich damals von Hoffenheim mitgenommen. Im Nachhinein war das eine sehr gute Entscheidung. Ich hatte wirklich 13 schöne Jahre in Aalen.
Wirklich beeindruckend – nur wenige Profis bleiben so lange bei einem Verein. Warum gerade Aalen? Du bist ja kein gebürtiger Aalener.
Das stimmt, ich komme nicht aus Aalen. Aber irgendwie hat es einfach immer gepasst. Ich habe mich von Anfang an sehr wohlgefühlt, wurde super aufgenommen. In Hüttlingen, wo ich anfangs gewohnt habe, habe ich schnell Anschluss gefunden. Später bin ich nach Rainau gezogen – auch da hatte ich sofort eine tolle Nachbarschaft. Die pflegen wir heute noch aktiv. Meine Kinder wurden hier geboren – das verbindet natürlich. Und selbst in Zeiten, in denen ich mal nicht gespielt habe, war das für mich kein Grund zu gehen.
Wolltest du mal weg vom VfR?
Einmal gab es tatsächlich einen Wechselwunsch, der wurde mir aber vom Verein verwehrt. Das habe ich akzeptiert, denn ich hatte einen gültigen Vertrag, und Verträge sind dazu da, eingehalten zu werden. Wenn der Verein Nein sagt, dann ist das so. Klar, im Nachhinein ist das schade, weil es mit 34 nochmal eine große Chance gewesen wäre, in die 2. Liga zurückzukehren – aber ich trauere dem nicht nach. Man muss nach vorne schauen.

Wohin hättest du damals wechseln können?
Ich war mit Jahn Regensburg in Verhandlungen. Die waren damals in der 2. Liga, das wäre natürlich eine tolle Möglichkeit gewesen – aus der Regionalliga nochmal hoch.
Du warst ja auch viele Jahre Kapitän. Wie fühlt sich das an – eher Herausforderung, Ehre oder Verantwortung?
Ich glaube, das ist eine Mischung aus allem. Zuerst einmal ist es natürlich eine riesige Ehre, Kapitän eines Vereins zu sein, den Verein auf und neben dem Platz repräsentieren zu dürfen. Aber es ist auch eine große Verantwortung: Du musst dich immer korrekt verhalten, immer Vollgas geben, Vorbild sein – im Training genauso wie im Spiel.
Zuerst einmal ist es natürlich eine riesige Ehre, Kapitän eines Vereins zu sein, den Verein auf und neben dem Platz repräsentieren zu dürfen. Aber es ist auch eine große Verantwortung: Du musst dich immer korrekt verhalten, immer Vollgas geben, Vorbild sein – im Training genauso wie im Spiel.
Und gerade in schwierigen Phasen musst du den Kopf hinhalten. Wenn es Sponsorenabende oder andere öffentliche Termine gibt, bist du gefragt. Du stehst für den Verein – das bringt eine ganz besondere Rolle mit sich. Gleichzeitig war es meine Aufgabe, die sportliche Leitung gegenüber der Mannschaft zu vertreten. Das bedeutet, ich stand zwischen zwei Seiten: auf der einen Seite die Spieler, die nicht immer mit allem im Verein zufrieden waren – und auf der anderen Seite der Verein, der seine Positionen hatte. Da war Vermittlung gefragt. Ich war immer pro Verein unterwegs, aber auch loyal gegenüber der Mannschaft. Besonders in schwierigen Phasen, wie während der Corona-Zeit, als es um finanzielle Einschnitte ging, musste man als Kapitän Haltung zeigen – auch wenn man selbst davon betroffen war. Man kann nicht nur fordern, man muss auch bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Wenn keine Zuschauer kommen, Spiele ausfallen – dann muss man auch das vertreten und nicht nur auf bestehende Verträge pochen. Ich glaube, vielen ist gar nicht bewusst, wie viel Verantwortung mit dem Kapitänsamt verbunden ist. Für manche ist das eine Last. Ich persönlich habe es sehr gerne gemacht. Ich habe es nie als Bürde empfunden, sondern war stolz darauf, Kapitän zu sein und die Mannschaft zu führen.
Das klingt nach einem echten Führungsjob.
Ja, genau. Ich war immer der, der versucht hat, voranzugehen. Natürlich bin auch ich nur ein Mensch. Ich hatte auch meine schlechten Spiele – das ist normal. Aber als Kapitän musst du trotzdem hinstehen und sagen: „So ist es eben.“ Und manchmal auch auf den Tisch hauen und sagen: „Jetzt müssen wir wieder in die Spur kommen.“ Ich war stolz, die Kapitänsbinde tragen zu dürfen – weil sie eben für viel mehr steht als nur ein Stück Stoff. Im Prinzip war ich der Teamführer, das kann man so sagen.
Also kamen die Spieler mit ihren Problemen zu dir – und du musstest diese dann an den Trainer oder Verein weitergeben?
Ja, absolut. Du bist das Bindeglied. Und neben dieser Rolle musst du auch noch deine sportliche Leistung bringen – gerade in schwierigen Phasen, wenn es um Abstiege geht oder eine Saison nicht gut läuft. Dann kommt auch noch Druck von außen dazu. Als Kapitän wird von dir erwartet, dass du Leistung bringst, vorangehst und die Mannschaft zusammenhältst. Dabei hat man es mit 25 verschiedenen Charakteren zu tun. Aber ich habe das wirklich gerne gemacht. Ich erinnere mich noch an Clemens Schoppenhauer – er war selbst Kapitän - und hat irgendwann zu mir gesagt: „Hut ab vor dir, wie du das so lange gemacht hast.“ Das war in einer wirklich schwierigen Phase, und wenn dann so ein Satz von einem neuen Kapitän kommt, ist das schon ein schönes Zeichen der Anerkennung.
Du hast von vielen Seiten gesprochen: Mannschaft, Trainer, Verein. Aber auch Öffentlichkeit, Medien, Fans – wie war das für dich in diesem Spannungsfeld?
Ja, das war tatsächlich sehr vielfältig. Du hast den Verein mit Geschäftsführung, Vorstand und Aufsichtsrat, die Trainer, die Mannschaft – und dann kommen noch Medien wie die SchwäPo oder andere, mit denen du dich auseinandersetzen musst.
Und natürlich die Fans.
Ich glaube, bei den Fans war ich ganz gut angesehen. Zumindest habe ich das so empfunden. Natürlich bekommst du auch mal Kritik ab, gerade wenn du ein schlechtes Spiel machst – aber das gehört dazu in diesem Geschäft. Das ist normal – und ehrlich gesagt, es muss auch so sein. Die Fans dürfen enttäuscht sein, wenn du nicht performst. Aber ich glaube, ich habe mich immer so gezeigt, wie ich wirklich bin. Es war nie aufgesetzt. Ich habe mich nie verstellt. Ich habe die Gespräche mit den Fans nicht gescheut – vor allem, wenn es mal nicht lief. Ich war immer greifbar. Und bis zu einem gewissen Grad muss man auch akzeptieren, dass Fans ihren Frust loswerden wollen.
Ich habe die Gespräche mit den Fans nicht gescheut – vor allem, wenn es mal nicht lief. Ich war immer greifbar. Und bis zu einem gewissen Grad muss man auch akzeptieren, dass Fans ihren Frust loswerden wollen.
Aber manchmal muss man ihnen auch klar sagen: Jetzt reicht’s. Man kann nicht nur draufhauen – wir müssen da gemeinsam durch. Ich denke, das ist mir ganz gut gelungen. Die Leute haben gespürt, dass mein Herz an diesem Verein hing und ich alles gegeben habe.
Die Fans merken ja meistens, ob jemand sich reinhängt – auch wenn es am Ende vielleicht nicht reicht.
Absolut.Ich glaube, wenn Fans sehen, dass du dich reinkniest und es einfach nicht klappt, dann können sie das akzeptieren. Aber wenn sie den Eindruck haben, dass du nicht alles gibst, dann wird es schwierig.
Wie siehst du generell die Aalener Fans?
Wie in jedem Verein gibt es auch hier positive und negative Seiten – das ist überall so. Aber in Aalen wird vieles besonders emotional diskutiert, finde ich. Schau dir andere Vereine an – ob Frankfurt, der VfB Stuttgart oder mein Heimatverein KSC – überall gibt es Fans, die Fluch und Segen zugleich sein können. Aber ohne sie geht es einfach nicht. Ich denke, es gibt Spielregeln, an die sich auch Fans halten sollten. Gleichzeitig sollte man versuchen, aufeinander zuzugehen.
Stichwort Pyrotechnik. Wie siehst du dieses Thema?
Also, wie genau die rechtliche oder organisatorische Systematik da ist, weiß ich nicht. Aber eines ist klar: Pyrotechnik ist hochgefährlich. Trotzdem gehört sie für viele irgendwie zur Faszination Fußball dazu. Ich glaube, wenn man einen Weg finden würde, das geregelt und abgesprochen einzusetzen – in Absprache mit Sicherheitsdienst, Feuerwehr und den Fans – dann könnte man das in einer Form vielleicht sogar integrieren. Zum Beispiel: Man kündigt etwas für Minute 35 an, das wird vorher abgestimmt und angemeldet. Wenn man offen kommuniziert, glaube ich, kann man einen Mittelweg finden. In meinem Ex-Verein Würzburg hat man gesehen, was passiert, wenn keine Absprache da ist – dann wird es schnell gefährlich, besonders wenn Dinge auf das Spielfeld geworfen werden. Aber um auf Aalen zurückzukommen: Ich finde es gut, dass wir unsere Fans haben. Ich finde es auch stark, dass sie uns in der Oberliga weiterhin die Treue halten. Ohne die Fans, glaube ich, würde auch die Stadt Aalen das Thema Fußball gar nicht mehr so stark mittragen.
Ich finde es gut, dass wir unsere Fans haben. Ich finde es auch stark, dass sie uns in der Oberliga weiterhin die Treue halten. Ohne die Fans, glaube ich, würde auch die Stadt Aalen das Thema Fußball gar nicht mehr so stark mittragen.
Insofern: Ja, es ist nicht immer alles perfekt. Ja, es gibt Fehltritte. Aber die gibt es in jedem Verein, in jeder Stadt. In Aalen wird nur gefühlt vieles größer gemacht. Dabei sind das Probleme, die jeder Verein kennt.
Und der Verein ist ja oft auch machtlos bei solchen Vorfällen.
Genau. Das sind am Ende Menschen, keine Angestellten des Vereins. Und wenn dann mal etwas passiert, wird zwar der Verein bestraft, aber er hat oft kaum Einfluss darauf. Das macht es so schwierig.
Viele haben ja durch Corona erst richtig gespürt, wie sich Fußball ohne Fans anfühlt.
Ja, das war wirklich eine schwierige Zeit. Wenn du als Spieler im leeren Stadion stehst und jedes Wort auf dem Platz hörst, das schallt – das ist einfach eine ungewohnte, fast unangenehme Atmosphäre. Da fehlt einfach was.
Du hast mit Aalen ja wirklich eine emotionale Achterbahnfahrt erlebt – von der Regionalliga bis zur 2. Liga und zurück.
Ja, alles einmal mitgemacht. Ich habe in meiner Karriere alles erlebt. Ich war in Hoffenheim Herbstmeister in der Bundesliga, bin dann nach Aalen gewechselt – mit dem Ziel, die 3. Liga zu erreichen. Und wir haben das geschafft. Später sogar die 2. Liga – auch wenn wir nur drei Jahre dort waren. Dann kamen die Insolvenzen. Punkteabzüge, obwohl man als Spieler nichts dafür kann – das sind harte Rückschläge. Trotzdem war und ist der VfR mein Verein.
Das ist eine bemerkenswerte Haltung. Viele Spieler sehen den Verein nur als Durchgangsstation. Bei dir wirkte das anders.
Für mich war immer klar: Wenn ich irgendwo bin, dann mit voller Leidenschaft. Ich glaube, das ist heute nicht mehr bei allen so – vielleicht, weil sich die Bedingungen geändert haben. Ich habe mich in Aalen von Anfang an wohlgefühlt. Meine Kinder sind hier geboren, ich habe Freunde gefunden, ein soziales Umfeld aufgebaut – das alles spielt mit rein. Wenn du allein in einer Stadt sitzt, niemanden kennst, dann ist es schwierig, eine echte Bindung aufzubauen. Ich hatte 13 fantastische Jahre hier. Die Verletzung kam unglücklich – sonst würde ich vielleicht heute noch spielen. Ich hätte dem Verein weiterhin die Treue gehalten. Denn der VfR war und ist mein Verein. Und ja – ich brenne immer noch dafür.
Ein Verein kann sich glücklich schätzen, so einen Spieler zu haben – jemanden, der das Logo auf dem Trikot nicht nur trägt, sondern auch lebt. Ich musste da an Thomas Müller denken.
Das ist ein gutes Beispiel. Thomas Müller ist eine absolute Ikone beim FC Bayern. Und ich finde: Jeder Verein braucht solche Spieler. Mir fällt es auch schwer, mir den FC Bayern ohne ihn vorzustellen. Wenn ich mir ein Trikot kaufen müsste – es wäre das von Thomas Müller. Er ist der FC Bayern. Solche Spieler braucht es – nicht nur wegen der sportlichen Leistung, sondern auch, weil sie für Identifikation stehen. Natürlich ist Bayern nochmal eine andere Liga. Aber der Gedanke ist derselbe: Als Junge im Verein anfangen, Profi werden, Titel holen, Karriere beenden – das ist ein Traum.
Und solche Identifikationsfiguren braucht es auch in kleineren Vereinen.
Definitiv. Ich denke, es würde vielen Vereinen guttun, wenn sie mehr Spieler hätten, die von der Jugend an dabei bleiben – oder sich zumindest voll mit dem Verein identifizieren.
Ich finde, du warst für Aalen genau so jemand. Viele haben dich als Identifikationsfigur gesehen. Das macht schon was mit einer Mannschaft, oder?
Ja, ich denke auch. Die Jungs wussten: Okay, der steht für den Verein, hat die meisten Spiele, war viele Jahre Kapitän. Wenn ich was gesagt habe, wurde das ernst genommen. Und das hilft – im Team, bei den Fans, im Verein selbst, auch in der Öffentlichkeit. Ich habe versucht, Dinge zu regeln, wenn es Probleme gab. Ich glaube, meine Stimme hatte Gewicht – und das kommt nicht von ungefähr. Das muss man sich über viele Jahre erarbeiten.
Ich glaube, meine Stimme hatte Gewicht – und das kommt nicht von ungefähr. Das muss man sich über viele Jahre erarbeiten.
Wir hatten zu Beginn schon über deine Trainer gesprochen – sieben waren es insgesamt. Du hast Ralf Hasenhüttl besonders hervorgehoben. Erinnerst du dich noch an eine seiner Kabinenansprachen, die du nie vergessen wirst?
Oh ja, da gab es einige. Eine Szene bleibt mir besonders im Kopf: Wir sind zur Halbzeit in die Kabine, der Gegner hatte 70 oder 80 Prozent Ballbesitz, wir waren wirklich hinten drin. Und Hasenhüttl steht da, zwei Meter groß, und sagt: „Wie geil ist das bitte? Wir zermürben den Gegner! Jetzt kommt unsere Zeit!“ Und du sitzt da, mit hängenden Köpfen, denkst, du wirst überrollt – und plötzlich, mit jedem Satz von ihm, wächst dein Selbstvertrauen. Er hat das wirklich gefeiert, dass der Gegner so viel Ballbesitz hatte – und dann kam dieser Glaube: Jetzt setzen wir unsere Nadelstiche. Oft hat das dann auch wirklich funktioniert. Das war seine Stärke – diese Überzeugung, die sich auf die Spieler übertragen hat. Noch heute sprechen wir Ex-Spieler darüber. Das war einfach besonders. So eine Kabinenansprache kann wirklich den Unterschied machen.
Also ist das keine Übertreibung – eine Kabinenansprache kann ein Spiel kippen?
Definitiv. Ich habe es selbst erlebt. Es gibt Trainer, die erreichen die Spieler – und andere eben nicht. Bei uns war es so: Wenn Hase etwas gesagt hat, dann hast du das einfach geglaubt. Und oft hat es auch genau so funktioniert. Sein weiterer Weg – Ingolstadt, Leipzig, England, Wolfsburg – zeigt ja, dass das keine Einbildung war.
Was waren denn für dich persönlich deine größten Highlights auf dem Platz – und vielleicht auch die bittersten Momente?
Puh, da gab es einige. Ein absolutes Highlight war das Spiel gegen Hertha BSC im Olympiastadion – für einen kleinen Verein wie den VfR war das riesig. Auch das Spiel in Köln war unglaublich: volles Haus, wir führen 1:0 bis in die Nachspielzeit – und dann fällt doch noch der Ausgleich. Die Lautstärke dort vergisst du nie. Ein anderes Highlight war das Achtelfinale im DFB-Pokal gegen Hoffenheim – wir haben 0:2 verloren, Kevin Volland hat beide Tore gemacht, aber das Spiel war eng. Davor hatten wir Hannover geschlagen, da stand Ron-Robert Zieler im Tor, frischgebackener Weltmeister – das war natürlich auch besonders. Und dann mein erstes DFB-Pokalspiel überhaupt: gegen Schalke in Aalen, Manuel Neuer im Tor, Felix Magath auf der Bank. Wir waren lange in Unterzahl und haben nur 1:2 verloren. Das war ein unglaublicher Abend.
Ich dachte, du würdest auch das Pokalspiel gegen Nürnberg nennen – Elfmeterschießen, du hältst drei Elfer, und der VfR fliegt trotzdem raus…
Ja, das stimmt. Eigentlich war das auch ein Highlight – aber ein sehr schmerzhaftes. Drei Elfmeter gehalten, und trotzdem ausgeschieden. Mein Ex-Kollege Thorsten Kirschbaum stand bei Nürnberg im Tor, hat keinen gehalten – und sie kommen weiter. Persönlich war das ein Wahnsinnsspiel, aber emotional war es einfach bitter. Vielleicht verdrängt man sowas deshalb.
Das zeigt, wie sehr du für den Verein mitgelitten hast – du hast nicht dein persönliches Highlight gefeiert, sondern dich geärgert, dass der Verein raus ist.
Genau so war es. Mit hat das richtig mitgenommen. Natürlich ist es für einen selbst eine besondere Leistung, drei Elfmeter zu halten – aber am Ende zählt das Weiterkommen.Und das hat einfach gefehlt an dem Abend. Da willst du nicht im Mittelpunkt stehen, wenn es am Ende nicht gereicht hat.
Nach all diesen Höhen und Tiefen – würdest du den Weg nochmal gehen? Würdest du wieder Profifußballer werden wollen?
Ja, auf jeden Fall. Es ist ein absolutes Privileg, als Fußballer sein Geld zu verdienen – durch Training und Spiel. Ich würde es sofort wieder machen. Aber jetzt, nachdem ich fast ein Jahr raus bin aus dem Profifußball, merke ich auch: Das Leben danach hat Vorteile. Ich sehe meine Kinder öfter, kann bei Spielen oder Hobbys dabei sein, spontan am Wochenende in die Berge fahren – das ging vorher alles nicht.
Dein Karriereende kam ja verletzungsbedingt – wie hast du den Übergang ins „normale Leben“ geschafft?
Natürlich war es nicht leicht. Ich habe eine Trennung und Scheidung hinter mir, aber auch eine wunderbare neue Partnerin gefunden. Wir haben nochmal Nachwuchs bekommen – das ist ein großes Glück. Beruflich bin ich seit dem 1. Januar in einem neuen Job, mittlerweile gut angekommen. Natürlich gibt es Höhen und Tiefen, wie überall. Aber ich schaue nach vorne – das habe ich schon immer so gemacht, auch als ich beim VfR nicht mehr spielen konnte. Man kann jammern, oder man kann weitermachen. Ich habe mich für letzteres entschieden.
Ich finde, du hast dir diesen Respekt wirklich erarbeitet – mit deiner Treue, deiner Haltung und deiner Leistung. Gerade in schweren Zeiten beim Verein.
Vielen Dank – das bedeutet mir viel. Gerade in den schwierigen Phasen, bei Abstiegen, in der Rolle als Kapitän – das war manchmal hart. Aber ich habe das gerne gemacht, habe den Verein vertreten, Verantwortung übernommen. Und ich freue mich, wenn die Menschen das Sehen und Wertschätzen.
Daniel, wie geht’s bei dir weiter?
Ich bin bei der VPV Versicherung im Büro von Heinz Höll in Aalen als selbstständiger Vermittler tätig und freue mich auf diese neue Etappe in meinem Leben.
Viel Erfolg dabei und Danke für das tolle Gespräch.
Sehr gerne, es hat viel Spaß gemacht!