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Politik & Gesellschaft

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MAA spricht mit Wei

Von der Hafenstadt aufs Land

Wei erzählt über seine Kindheit in China, den prägenden Einfluss seiner Großeltern und wie ihm die Menschen in Aalen die schwäbische Mentalität näherbrachten. Er gewährt unterhaltsame Einblicke in seine ersten Eindrücke von Deutschland und die Herausforderungen, die er in Baden-Württemberg meistern musste.

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Bild: Wei, privat




Möchtest du dich erstmal kurz vorstellen?

Mein Name ist Wei und ich bin 1989 geboren. Ich bin jetzt 35 und lebe schon seit Herbst 2010 in Deutschland, Baden-Württemberg.

 


Wo genau bist du geboren und aufgewachsen?

Meine Heimat heißt Qingdao, in der Provinz Shandong. Eine Provinz in China ist wie ein Bundesland in Deutschland. Qingdao ist eine Hafenstadt, direkt am Meer. Vor etwa 120 bis 130 Jahren war sie noch ein kleines Fischerdorf. Doch dann, vor dem Ersten Weltkrieg, kamen deutsche Soldaten und bauten Kirchen, den Hafen, Bahnhöfe und Brauereien – Bier gibt's mittlerweile auch. Heute zählt die Stadt etwa 10 Millionen Einwohner und ist enorm gewachsen.

 


Wow, das ist ja echt eine Entwicklung. Wie war deine Kindheit und Jugend dort? Wie war es, in China aufzuwachsen?

Mit dem Schulsystem komme ich nicht wirklich klar. Das ist extrem leistungsorientiert. Aber ich hatte eine schöne Kindheit. Meine Eltern haben sich früh getrennt, weshalb ich bei Oma und Opa aufgewachsen bin. Darüber bin ich sehr dankbar, sie waren immer gut zu mir. Sie haben nie großen Wert auf schulische Leistungen gelegt, sondern immer gesagt: „Du sollst ehrlich sein und deine Mitmenschen gut behandeln.“

 


Das heißt, sie haben dir schöne Werte vermittelt?

Genau.

Wie gesagt, ich bin Oma und Opa wirklich sehr dankbar. Seitdem ich alleine in Deutschland lebe, merke ich, was mich tatsächlich weitergebracht hat. Es war nicht die schulische Leistung, sondern viel mehr, wie ich mit Menschen umgehe und wie ich meine Mitmenschen behandle.




"Es war nicht die schulische Leistung, sondern viel mehr, wie ich mit Menschen umgehe und wie ich meine Mitmenschen behandle."




Dafür habe ich so viel Positives zurückbekommen, weshalb ich mich immer wieder bei Oma und Opa bedanken muss.

 


Ach, das ist ja richtig schön, Du hattest es gut bei Oma und Opa. Welche Vorstellungen hattest du damals von Deutschland?

In China lernen mehr als 90 %, vermutlich sogar 99 %, der Schüler Englisch als Fremdsprache. Und damals habe ich keinen Sinn darin gefunden, ich brauchte die englische Sprache in meinem Alltag nicht. Warum sollte ich das lernen? Außerdem war ich sehr schlecht in Englisch. Und als ich 18 war, dachte ich: „Okay, vielleicht probiere ich mal eine andere Sprache. Entweder Französisch oder Deutsch“. Dann habe ich Deutsch gewählt. Denn bei Französisch und Englisch gibt es spezielle Regeln, die man sich merken muss, wie man etwas ausspricht. Aber im Deutschen konnte ich die Wörter einfach direkt vorlesen, ohne sie zu verstehen. Der Aufbau der Sprache ist auch ähnlich wie im Chinesischen. Mein Beispiel ist „Wörterbuch“. Das ist einfach „Wort“ + „Buch“ zusammen, zack: „Wörterbuch“. Das war der Hauptgrund, warum ich mich für Deutsch entschieden habe.

Was ich damals über Deutschland wusste? Volkswagen, Autos, Ingenieur, Arzt, Pünktlichkeit, ...

 


Die Klischees.

Genau.

 




Warum hast du dich entschieden nach Deutschland auszuwandern?

Nach drei Semestern Deutsch in China wollte ich mir gerne mal Deutschland ansehen. Ursprünglich wollte ich nur ein Jahr in Deutschland bleiben, jetzt lebe ich hier. Das war so gar nicht geplant.

In den Jahren 2011/2012 habe ich meine große Liebe zum Reisen entdeckt. Deutschland liegt ja ziemlich zentral in Europa, das ist praktisch.

 


Was waren deine ersten Eindrücke in Deutschland? Hat sich vieles bestätigt, was du dir vorgestellt hast?

Ich bin in Frankfurt gelandet, am Flughafen – den fand ich nicht besonders spektakulär. Mein erster Eindruck auf der deutschen Straße: Während meiner ersten Autobahnfahrt habe ich so viele Kombis gesehen. Für mich war das außergewöhnlich, weil in China fahren die Leute meistens Limousinen, Vans oder ähnliche Fahrzeuge. Aber in Deutschland gibt es überall Kombis – und natürlich auch viele Porsche.

Ein Kombi gilt in China als eine Art „Nutzfahrzeug“, deshalb war das komisch für mich, aber mittlerweile finde ich es sehr cool, weil Kombis so praktisch sind.

Dann bin ich in Baden-Württemberg angekommen und dieser ländliche Geruch von Pferde- oder Kuhmist … das war schon interessant. (lacht)

Ach ja, ich bin sehr beeindruckt vom Butterbrezeln und Nutella.

 


Ach, Nutella gibt es in China nicht?

Als Kind, hatten wir vielleicht eine andere Schokocreme. Aber in Deutschland bekommst du eine Dose Nutella für ein paar Euro. Das finde ich schon ziemlich cool.

Das waren also meine ersten ein oder zwei Tage in Deutschland im Jahr 2010 – meine ersten Eindrücke. Und dann kam auch gleich Weihnachten. Der erste Weihnachtsmarkt war für mich auch sehr interessant. Ich weiß noch, dass auf dem Boden kleine Holzspäne lagen, damit die Füße nicht so kalt wurden und ich habe eine Feuerwurst gegessen.

Ja, das waren meine ersten Monate in Deutschland.

 


Was waren deine größten Herausforderungen am Anfang?

Die größte Herausforderung war die Sprache und auch ein wenig die Mentalität. Wie man sich verhält, war für mich kein großes Problem, weil man die Leute fragen oder einfach beobachten kann. Aber die Sprache, das brauchte tatsächlich Zeit.

 


Mittlerweile sprichst du ja richtig gut Deutsch. Was hat dich dazu bewogen, im Ostalbkreis zu bleiben? Deutschland hat ja auch viele andere interessante Ecken.

Ja, das stimmt.

Ich hatte in China drei Semester Deutsch, und damals konnte ich mit einem Wörterbuch oder unserem Lehrbuch Deutsch lernen. Ich konnte auch ein bisschen sprechen, aber so richtig gut war ich nicht. In der Schule hieß es, man soll nach Hannover gehen, weil dort die Menschen Hochdeutsch sprechen. Aber komischerweise landete ich in Baden-Württemberg. Ist aber auch nicht so schlimm – ich habe Schwäbisch gelernt. (lacht)



"In der Schule hieß es, man soll nach Hannover gehen, weil dort die Menschen Hochdeutsch sprechen. Aber komischerweise landete ich in Baden-Württemberg. Ist aber auch nicht so schlimm – ich habe Schwäbisch gelernt."




In der Diakonie in Göppingen haben wir ein Theaterprogramm gespielt, und beim Deutschen Roten Kreuz gab es die Möglichkeit, ein FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) zu machen. So kam ich in den Ostalbkreis. Damals hatte ich keine Lust auf eine große Stadt, also habe ich bewusst einen kleineren Ort gewählt und lebe deshalb in Ellwangen. Vorher hatte ich keine Ahnung vom Ostalbkreis.

 


Und hier hast du dir dann einen Job gesucht?

Ich habe hier mein FSJ gemacht und während dieser Zeit wurde in unserer Einrichtung ein Ausbildungsplatz frei. Da hat die Abteilungsleiterin mich gefragt, ob ich dort eine Ausbildung machen möchte.

 


Die Einrichtung wusste wohl dein Engagement zu schätzen. Hattest du während deiner Anfangszeit oder auch jetzt noch Berührungspunkte mit Rassismus?

Ja, natürlich. Aber das Wort Rassismus habe ich erst während meiner Ausbildung kennengelernt. Wir hatten Sozialkunde, da wurde das Thema besprochen.

Ich persönlich verwende das Wort ungern, weil ich finde, wenn wir ein Problem haben, können wir einfach miteinander sprechen und gemeinsam eine Lösung finden. Wir sind doch alle erwachsen.

Seit ich im Ostalbkreis lebe, sind alle super nett, von Kollegen über Schulkameraden, TSV, … Ich kenne hier nur gute Menschen, deshalb mache ich mir darüber nicht viele Gedanken. Aber ich verstehe das Thema total. Ich finde jedoch, dass in der heutigen Welt das Wort „Rassismus“ oder „Nazi“ oft zu schnell verwendet wird, und das ist meiner Meinung nach nicht richtig. Eigentlich wird das Thema Rassismus in den Medien auch oft übertrieben behandelt.

 


Ich kann mir vorstellen, dass manche auch mal einen Spaß mit dir machen. In der Gesellschaft wird das aber oft direkt als Rassismus betitelt, oder?

Ja, ich finde, es ist wichtig, die Sache mit Humor zu nehmen, und ich mache auch oft Witze über mich selbst. Natürlich gibt es auch Leute, die das wirklich ernst meinen, aber meistens haben die einfach keinen guten Charakter. Deswegen muss man nicht gleich ein großes Thema daraus machen. In jeder Kultur und in jedem Land gibt es Menschen mit einem scheiß Charakter, das ist ganz normal.

 


Du hast eben erzählt, dass du viele tolle Menschen kennengelernt hast. Konntest du hier schnell Freunde finden?

Ja, natürlich. Alles hat mit meinem FSJ angefangen. Damals war Nick mein Vorgesetzter, mein Chef, und mittlerweile ist er mein „Amigo for Life“. Wir waren gemeinsam in Sri Lanka und in China, machen gemeinsam Fotos, fahren Motorrad, gehen campen und zu Musikfesten, … und nächste Woche heirate ich und er ist als mein Trauzeuge dabei.

Durch ihn habe ich viele tolle Menschen kennen gelernt, die ganze Gruppe aus Adelmannsfelden und vom TSV. Also ich glaube, ich habe hier sehr, sehr viele Freunde.

 


Ja, den Eindruck habe ich auch. Gehst du in Deutschland Hobbys nach, die du in China nicht kanntest?

Musikfestivals und Camping, richtig Wandern gehen, Bergtouren, so was. Mit dem Motorrad über die A7 fahren.

 


Du bist ja auch Teil einer Motorradgruppe.

Ja, wir fahren von Café zu Café und essen Käsekuchen.

 


Du hast ja mittlerweile auch die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Was war denn der Grund dafür?

Früher habe ich bei meiner Oma gelebt und es war für mich immer wichtig, innerhalb von 24 Stunden bei ihr sein zu können, falls dort etwas passieren sollte. Leider ist sie 2018 gestorben. Für mich ist damit ein Grund entfallen, die chinesische Staatsbürgerschaft zu behalten. Trotzdem hatte ich keinen Druck, einen deutschen Pass zu beantragen. Ich wollte nicht gewählt werden oder so etwas. Bis Corona kam. Damals 2020/2021, war eine harte Zeit für China und auch für Deutschland. Aber als ich erfahren habe, dass die chinesische Regierung oder die Behörden die Polizei zu den Leuten geschickt haben, um den Menschen die Wohnung mit einem Schweißgerät zuzuschweißen, da mochte ich das nicht mehr. Ab diesem Zeitpunkt wollte ich meine Staatsbürgerschaft wechseln.

Gleichzeitig muss ich auch sagen, in Deutschland gab es auch diese schwierige Zeit, in der ungeimpfte Menschen diskriminiert wurden.

 


Verständlich, dann wolltest du dich mit diesen Maßnahmen nicht mehr identifizieren. Hast du noch Familie in China und wie ist dein Kontakt zu ihr?

Mein Vater lebt noch, er ist in Rente und meine Mutter ist verstorben. Ich bin ein Einzelkind. Mein Freundeskreis in China ist sehr, sehr klein. Die meisten kenne ich noch aus meiner Schulzeit.

Ich habe ja erst in Deutschland angefangen zu arbeiten und damals in China, als ich noch Schüler oder Student war, habe ich eigentlich nur einen Mini-Job im Supermarkt gemacht.

 


Bist du trotzdem noch ab und zu in China?

Ja, meine zukünftige Frau kommt auch aus meiner Heimat. Seit der Corona-Zeit war ich vier Jahre nicht in China, aber jetzt geht es wieder und dieses Jahr war ich im Sommer dort.

Mein Cousin, der Sohn meines Onkels, ist wie ein Bruder für mich, da wir beide Einzelkinder sind. Er arbeitet in meiner Heimat, hat geheiratet und eine kleine Tochter. Wenn ich vor Ort bin, machen wir Ausflüge oder gehen an den Strand. Dieses Jahr haben wir mit dem Motorrad einen Ausflug gemacht.

 


Das klingt toll. Was sind deine weiteren Ziele hier in Deutschland?

Meine weiteren Ziele in Deutschland? Also an aller erster Stelle natürlich gesund bleiben und wahrscheinlich irgendwann schaffa schaffa Häusle baua.



"An aller erster Stelle natürlich gesund bleiben und wahrscheinlich irgendwann schaffa schaffa Häusle baua."




Außerdem würde ich gerne mit meiner zukünftigen Frau so viel wie möglich reisen, egal ob mit Auto, Zug oder Motorrad.

 


In Deutschland?

Ja, in Deutschland, Europa und natürlich auch in anderen Ländern.

 


Hast du einen Tipp, den du Menschen geben möchtest, die gerne mal nach China reisen möchten?  

Tipps für China: Wenn man „nur im Urlaub“ nach China fliegt, sollte man am besten vorher eine Reiseplanung machen, um die Zeit bestmöglich zu nutzen.

Wenn man keine konkreten Ziele hat, nur die asiatische oder chinesische Kultur kennenlernen möchte, dann empfehle ich Taiwan, Korea und Japan als erste Erfahrung.

 


Vielen Dank für die Einblicke in dein Leben, hat Spaß gemacht mit dir zu sprechen.

Danke auch.

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